Gedanken zum Zölibat

Das Sakrament der Ehe fällt im Vergleich zu den sechs anderen Sakramenten aus dem Rahmen: Dieses wird den Eheleuten nämlich nicht von einem Priester gespendet, vielmehr spenden sich die Eheleute nach kirchlicher Lehre dieses Sakrament selbst, und zwar durch ihr gegenseitiges Jawort. Dieses Jawort wird lediglich durch einen sogenannten aktiven Zeugen erfragt, üblicherweise durch den Priester, der die Eheleute fragt: »Sind Sie frei und ungezwungen hierher gekommen, um mit der hier anwesenden Person die Ehe einzugehen?« Außerdem sind zwei sogenannte passive Zeugen zugegen, die als aufmerksame Zuhörer anwesend sind und nach der Trauung sowohl die Frage des Priesters wie das gehörte Jawort der Brautleute per Unterschrift bestätigen.

Im »Katechismus der Katholischen Kirche«, der im Jahr 1997 in Rom für die Weltkirche veröffentlicht wurde, liest man im Abschnitt 1604 folgende Zeilen:

Gott, der den Menschen aus Liebe erschaffen hat, hat ihn auch zur Liebe berufen, welche die angeborene, grundlegende Berufung jedes Menschen ist. Der Mensch ist ja nach dem Bild Gottes erschaffen [vgl. Gen 1,27], der selbst Liebe ist [vgl. 1 Joh 4,8.16]. Da ihn Gott als Mann und Frau geschaffen hat, wird ihre gegenseitige Liebe ein Bild der unverbrüchlichen, absoluten Liebe, mit der Gott den Menschen liebt. Diese ist in den Augen des Schöpfers gut, ja sehr gut [vgl. Gen 1,31]. Die eheliche Liebe wird von Gott gesegnet und dazu bestimmt, fruchtbar zu sein und sich im gemeinsamen Werk der Verantwortung für die Schöpfung zu verwirklichen: »Gott segnete sie, und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch« (Gen 1,28).

Eine höhere Wertschätzung kann man der Ehe eigentlich kaum zukommen lassen. Umso mehr drängt sich die Frage auf: Warum soll ein Priester ausgerechnet auf dieses Geschenk der Nähe Gottes verzichten? Das Gegenteil erschiene mir eher sinnvoll. Denn in keinem anderen Sakrament wird mir die Nähe Gottes, sein tröstendes Wort, seine helfende Hand, sein liebender Blick so unmittelbar erfahrbar wie in der Ehe.